Andre Enthöfer | Saxophon
Claus Fabienke | Klavier
Dietmar Wehr | Kontrabass
Hilde Kuhlmann, Chrystel Guillebeaud | Leitung

Der tanzcHor60+ zeigte seine mittlerweile vierte Produktion in zwei vollbesetzten Aufführungen im Bernd-Mischke-Saal.
„Hat Kopf Fuss Herz“ tanzt und singt von der Balance im Leben. Wie aus einem Guss präsentierten sich die ineinander übergehenden Stücke, vom „Einsamen Lichtstrahl“ über „Herz über Kopf“ bis hin zum französischen Trinklied.
Die SeniorInnen zeigten sich bestens disponiert und voller Energie an der Seite der mittlerweile seit Jahren bewährten Begleitung durch Claus Fabienke, Klavier und Diemar Wehr, Kontrabass. Dieses Mal überraschte Andre Enthöfer, Saxofon, mit neuen, einfühlsamen Tönen besonders bei den geheimnisvollen Momenten.
Die neue Zusammenarbeit von Hilde Kuhlmann mit Chrystel Guillebeaud macht Lust auf alles, was kommt!

Eindrücke vom Auftritt

HAT KOPF FUSS HERZ

Alles in Balance. Im Gleichgewicht. Momente können dies sein, die uns Menschen beglücken. Und wenn sie uns abhanden kommen, fehlen, wir ins Straucheln und Stolpern geraten, vermissen wir sie, sehnen uns nach ihnen. Wie kommt ein Mensch in Balance? Was bringt den Menschen, sie oder ihn ins Wanken, so, dass sich jegliches Gleichgewicht aufzulösen scheint? Und was können wir tun, wenn KOPF FUSS HERZ auch mal nicht in Balance, im Gleichgewicht sind …?

Manchmal ist es, als wollen wir nach den Sternen greifen. Wie ein Versuch, scheint es, den Himmel auf die Erde zu holen. Und dabei auch, den eigenen Ton zu finden, der uns auf dem Weg begleitet. Der eine, der sich zu dem anderen fügt, Töne, Klänge, Laute, die sich gemeinsam wie ein Klangteppich zusammenzuweben. Lichtstrahl. Es kann ganz einfach auch mal ein Lichtstrahl sein, der aus einer Wolkendecke heraustritt und uns dann trägt. Licht, das uns ausrichtet und innerlich balanciert.

Das Leben gleicht immer mal wieder einer Maschine. Das kann traurig stimmen oder auch zum Schmunzeln bringen. Die Kunstwerke von Jean Tinguely mögen die einen oder anderen vor sich sehen. Maschinen, die auch Menschen sein können, in den routinierten Abläufen, Handlungen und Gesten, einzelne Menschen, die sich in- und aneinanderfügen. Menschen, die ein in sich wiederholendes Gesamtes, einen Organismus bilden, der sich in seinen immer schneller und lauter werdenden Ineinandergreifen genauso rasch wieder auflösen, gar auseinanderfallen kann. Und genau dann ist es wichtig, mit einem augenzwinkernden Blick spielerisch und leicht, mit kindlichem Blick all dem Tragischen zu begegnen. So wie in Hey, kleiner Fratz von Herman van Veen. Einem Jonglieren gleicht das Leben häufig oder eben einem Radfahren, bei dem wir uns so wunderbar im Gleichgewicht halten. Akrobaten des Lebens, die wir sind. Mit dem vertrauten „übe übe übe“ richten wir uns aus. Wir merken, bemerken, spüren, wie häufig der Körper, seine Bewegungen und Klänge zur Parabel unserer inneren Balance werden kann. Ujama-uja: umso mehr, wenn es gemeinsam darum geht, in den vielen Takten und Rhythmen, einen gemeinsamen Herzschlag zu finden. Und wir uns durch die Verschiedenartigkeit, so wie die vielen Herzen, die im gleichen Moment, gemeinsam und doch alle anders pochen, nicht aus der Balance kommen lassen. Jeder für sich und alle zusammen. Und dabei immer wieder der Vergänglichkeit und Endlichkeit begegnen. Ich hab die Nacht geträumet, ein Versuch, mit dem Fluss von Kommen und Gehen, dem Loslassen und auch dem Schmerz eine innere Versöhnung, ein Gleichgewicht zu finden. Der Traum, wie ein Rosmarinbaum, vielleicht auch ein Trugbild, das mal schwer, mal tröstlich oder auch verheißungsvoll, all das, was vorher mal starr gewesen sein mag, einen neuen Klang, eine neue Bewegung verleiht. Bei all dem tauchen immer wieder die Zeichen und Melodien auf, die auf Neuorientierung und andere Wegen verweisen, mit Walayeh, danach fragen: „Wo will ich hin?“.

Tom Trauberts legendärem Blues Waltzing Mathilda, eines der ältesten Volkslieder Australiens, später auch mit neuen Texten von Tom Waits um die Welt getragen, steht für all das, was ‚aus dem Gleichgewicht kommen‘ bedeuten kann. Melodie und Texte zu einem Symbol dafür werden, aus der Bahn geworfen und dabei und darin einfach auch unterwegs zu sein. Mit Tourdion einem alten französischen Tanz- und Trinklied bewegt sich ein weinseliger Zustand von Glückseligkeit, leicht, berauscht, miteinander beschwingt. Alle Herzen scheinen sich um sich zu drehen, alle zusammen, jeder für sich, ein Taumel und in einer sich eigenen Art von gleichzeitiger Balance und Nicht-Balance.

Text: Uta Atzpodien, entstanden nach einem Gespräch mit Hilde Kuhlmann

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Bericht im KUBIA-MAGAZIN